Oder: Warum niemand diese Kamera braucht, man sie aber trotzdem unbedingt haben will.
Sigma ist bekannt für Kameras, die nicht den Mainstream bedienen sondern etwas für den eher besonderen Geschmack sind. Wenn es um den Punkt “besonders” geht, ist die Sigma BF ein absolutes Meisterstück.
Das Datenblatt verrät schnell, was der Kamera alles fehlt. Kein Sucher, kein WLAN, kein Bluetooth, kein Bildstabilisator, kein Blitzschuh, nicht mal ein Speicherkartenslot. Was das Datenblatt nicht verrät: diese Kamera ist eine haptische Sensation. Das Gehäuse ist nahtlos aus einem einzigen Block Aluminium gefräst. Allein dieser Vorgang dauert in der Produktion 7 Stunden, an dieser Kamera ist rein gar nichts eine Massenproduktion.
Wir hatten die silberne Variante zum Test und im Grunde genommen möchte man sie den ganzen Tag anschauen. Das Design ist kantig, auf wenige Knöpfe reduziert. Das Metall fühlt sich fast lebendig an, weil es die Umgebungstemperatur aufnimmt. Der Objektivdeckel des 35/2.0 DG (C) ist magnetisch, er saugt sich mit einem sanften Geräusch auf dem Objektiv fest, gedämpft durch die Samtbeflockung auf dem Inneren.



Die Kamera strahlt eine einzigartige Exklusivität aus, da verzeiht man ihr schnell, dass die inneren Werte solide, aber nicht spektakulär sind. Der Vollformat-Sensor verfügt über 24,6 Millionen Pixel und liefert ordentlich ab. AF-Geschwindigkeit und auch Genauigkeit sind völlig in Ordnung. Angenehm fällt auf, dass die Kamera beim Einschalten sofort bereit ist.
Das Bedienkonzept ist sehr minimalistisch, alle relevanten Einstellungen lassen sich schnell erreichen. Am angenehmsten fand ich, das Wählrad auf dem gewünschten Bildstil zu lassen und die Blende über das Objektiv einzustellen. So wählt man schnell zwischen Monochrom oder einem der Farbstile – und hat gleichzeitig volle Kontrolle über die Blende.
Das Menü passt zur Optik der Kamera, sehr unaufgeregt und übersichtlich. Um die Bilder zu übertragen, schließt man die Kamera einfach per USB-C an das gewünschte Endgerät an.
Natürlich durfte die Kamera mit auf einen kurzen Spaziergang um den Block. Städte und Architektur liegen ihr definitiv.
Am Wochenende begleitete mich die Kamera noch auf einen alten Friedhof hier in der Stadt. Der erste sommerliche Tag war zwar schön, sorgte aber für echt schwierige Lichtverhältnisse und harte Kontraste. Auch die Bedienbarkeit des Displays ist bei Sonne eine Herausforderung.
Diese Kamera ist ein einzigartiges Werkzeug, das muss man ihr lassen. Das ist wie mit Uhren, man kann die Uhrzeit von einer Swatch ablesen. Mehr Freude hat man aber vielleicht mit einer exklusiveren Uhr. Die Entscheidung für die BF ist ganz sicher keine von der Vernunft gesteuerte. Wer ein reines Arbeitstier sucht, ist mit anderen Kameras ganz sicher besser bedient.
Wer aber Spaß an einem ganz besonderen Stück Technik hat – was exklusiver und hochwertiger nicht sein könnte – der wird mit der Sigma BF ganz sicher sehr glücklich sein. Ein Werkzeug muss ja nicht nur seinen Zweck erfüllen, man sollte es auch gerne in die Hand nehmen und benutzen wollen.
Der Vollständigkeit halber: Portrait kann sie natürlich auch ganz hervorragend 😀 Da fehlte es mir am Wochenende allerdings an bereitwilligen Models, außer diesem hier.
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