Kleinspecht (c) Jörg Asmus

Öland – ein Eldorado für Vogelfotografen (Teil 1)

Ein Gastbeitrag von Jörg Asmus

In Schweden hört man mitunter einen Satz, der die Wertigkeit der Urlauberinsel Öland gegenüber ihrer Nachbarinsel Gotland darstellen soll – „Gotland är ett ö-land och Öland är ett gott land“. „Ö“ ist das schwedische Wort für „Insel“ und so deutet dieser Ausspruch sinngemäß darauf hin, dass Gotland (nur) eine Insel ist und Öland hingegen ein gutes Land. Entsprechend seiner persönlichen Neigungen kann sich jeder Mensch über den Wahrheitsgehalt dieser Aussage natürlich eine eigene Meinung bilden. Ich selbst habe Gotland bereits besucht und war durchaus begeistert von diesem Eiland, vor allem von den beeindruckenden Rauken im Norden oder auch von der Stadt Visby, die aufgrund ihrer gut erhaltenen mittelalterlichen Architektur wie ein riesiges Museum wirkt und durchaus berechtigt Teil des Weltkulturerbes ist. Geschichtlich hat auch Öland einiges zu bieten.

Öland (c) Jörg Asmus

Der Norden Ölands. Blick vom Leuchtturm „Långe Erik“. In dieser Gegend kommt beispielsweise der Karmingimpel als Brutvogel vor, immer wieder werden Irrgäste hier gesichtet und im Winter halten sich zahlreiche Wasservögel in den kleinen Buchten auf.

Die zahlreichen Steinsetzungen, die Reste prähistorischer Burganlagen und natürlich die vielen kleinen Bockwindmühlen sind für Öland typisch. Und auch Öland hat mit dem größten Alvargebiet unseres Planeten ein UNESCO-Weltkulturerbe vorzuweisen und sogar einige, wenn auch nicht ganz so imposante Rauken. Eines kann man dem obigen Ausspruch aber zweifelsfrei entnehmen – die Öländer sind stolz auf ihre 137 Kilometer lange Insel. Und nicht nur die Inselbewohner selbst fühlen sich dort wohl. Öland ist die Urlaubsinsel der Schweden schlechthin und auch die königliche Familie wählt das Schloss Solliden in der Nähe von Borgholm alljährlich zu ihrem Sommerwohnsitz. Nicht umsonst hat aber auch BirdLife Schweden seinen Sitz auf der Insel und betreibt an der Südspitze Ölands die international bekannten Vogelstation Ottenby.

Ringelgänse (c) Jörg Asmus

Ringelgänse sind während der Zugzeiten regelmäßig für längere Zeit auf der Insel.

Gerade Letzteres war für mich sehr interessant, denn seit meiner Kindheit bin ich ornithologisch interessiert. Ich habe selbst Vögel gehalten und vermehrt, mich später in ornithologischen Sammlungen von naturhistorischen Museen mit systematischen Fragestellungen beschäftigt und habe darüber auch publiziert. Dann wurde ich vor mehr als 10 Jahren eingeladen, in der Species Survival Commission Bird Red List Authority der Weltnaturschutzorganisation IUCN mitzuwirken und 2015 habe ich schließlich damit begonnen, Vögel in der Natur zu fotografieren.

Diese starke Neigung zur Vogelwelt führte letztendlich dazu, dass auch ich meinen ständigen Wohnsitz vor einigen Jahren nach Kalmar verlegte. So fahre ich nur über die 6 Kilometer lange Ölandbrücke und befinde mich dann auch schon mitten auf der Insel, die für mich als Vogelfotograf zu fast jeder Jahreszeit ein wahres Paradies darstellt.

Wintergoldhähnchen (c) Jörg Asmus

Vor allem im Oktober, wenn der Herbstvogelzug seinen Höhepunkt erreicht, sind Wintergoldhähnchen mitunter zu Hunderten gleichzeitig an einigen Stellen anzutreffen. Sie sind während der Futtersuche sehr zutraulich.

Vogelzug auf Öland

Insbesondere zu den Vogelzugzeiten gilt die Ostseeinsel im Südwesten Schwedens unter Vogelbeobachtern als absoluter Hotspot und so treffen von Mitte Mai bis Anfang Juni und dann noch einmal im Oktober nicht nur zahlreiche Zugvögel auf Öland ein, sondern auch sehr viele Vogelbeobachter. Leicht zu erkennen an ihren Spektiven, sind diese Hobbyornithologen auf der ganzen Insel verteilt, an einigen Orten treten sie konzentrierter auf und reisen dort mitunter sogar mit Reisebussen aus anderen Ländern an.

Alpenstrandläufer (c) Jörg Asmus

Die etwa starengroßen Alpenstrandläufer sind als Zugvogel häufig an den Küstenabschnitten Ölands anzutreffen. Mit etwas Glück gelingen einem dann auch Flugaufnahmen von diesem schnellen Flieger.

In den letzten Jahren konnte ich beobachten, dass die Anzahl der Vogelliebhaber, die neben einem Spektiv oder Fernglas auch eine Kamera bei sich haben, stetig zunimmt. In entsprechenden Internetforen wird von diesen Menschen dann nicht nur stolz von den eigenen Beobachtungen berichtet, es wird auch Bildmaterial präsentiert, das in solchen Fällen aber oftmals nur als Beweis für die jeweiligen Sichtungen fungieren soll.

Trottellumme (c) Jörg Asmus

Trottellummen sind mit etwas Glück an den Küsten Ölands zu sehen. Ein bekannter Brutplatz dieser Vögel ist jedoch Stora Karlsö in der Nähe von Gotland, nur etwa 50 Kilometer von Öland entfernt.

Oft verbringen die meisten Vogelbeobachter nur ein paar Tage auf Öland und suchen dann natürlich die Orte auf, von denen sie sich einen gewissen Artenreichtum versprechen, immer auch mit dem Wunsch nach dem einen oder anderen Irrgast, der als Zugvogel auf der Insel eigentlich nichts zu suchen hat und mitunter sogar über mehrere tausend Kilometer entfernt von anderen Kontinenten dorthin gelangt. Obwohl es an manchen Orten Ölands dann auch etwas voller werden kann, wirkt die Gegend noch lange nicht überlaufen. Aber was macht diese Insel nun eigentlich so anziehend für Vögel, deren Beobachter und auch immer mehr Vogelfotografen?

Links: Zu meinen absoluten Favoriten während des Frühjahrszuges zählen die Kampfläufer. Die unterschiedliche Färbung der männlichen Tiere im Prachtkleid ist sehr imposant und oft wir behauptet, dass kein Männchen in seinem Aussehen dann dem anderen gleicht. / Rechts: Kleinspechte halten sich oft in den Baumkronen auf und sind dann kaum zu entdecken. Manchmal wagen sie sich dann aber doch aus dem schützenden Blattwerk heraus.

Aufgrund der geografischen Lage ist die Insel Öland Anziehungspunkt für zahlreiche nordische Brutvogelarten, die hier auf ihren Routen von und zu den Überwinterungsgebieten regelmäßig eine Rast einlegen. Abermillionen Zugvögel nutzen die lange Küstenlinie Ölands alljährlich als Landmarke auf ihren Wanderungen und prägen dann das Landschaftsbild der Insel.

Waldbaumläufer (c) Jörg Asmus

Dieser Waldbaumläufer zeigte sich in Ottenby, im Süden der Insel. Wegen der Beringungszentrale hat man es dort häufig mit markierten Vögeln zu tun. Dieses Exemplar ist den Ornithologen bislang scheinbar nicht in die Netze gegangen.

Beliebte Orte für vogelinteressierte Menschen

So sind vor allem die Südspitze der Insel, aber auch der nördliche Bereich und das Naturreservat Beijershamn, welches sich in etwa mittig von Öland am Kalmarsund befindet, zu dieser Zeit beliebte Orte für vogelinteressierte Menschen. Auffällig sind dann unter anderem die Kampfläufer, von denen an einigen Tagen zwischen Ende April und Anfang Mai mehrere Individuen an einem Platz zu beobachten sind.

Kampfläufer (c) Jörg Asmus

Kampfläufer fliegen während ihres kurzen Aufenthalts auf Öland dann auch des Öfteren in unmittelbarer Küstennähe vorüber. Einen Versuch sollte man immer wagen diese Vögel im Flug zu fotografieren.

Die Männchen dieser Limikolen tragen zu diesem Zeitpunkt bereits ihr individuelles Prachtkleid und sind mit etwas Glück auch schon bei kleineren Kämpfen untereinander zu fotografieren, obwohl sie sich dann noch lange nicht in ihren Brutgebieten befinden und derartige Balzaktivitäten von den anwesenden Weibchen zu diesem Zeitpunkt kaum beachtet werden. Aber wer weiß, vielleicht schreiten die Kampfläufer auch auf Öland irgendwann einmal wieder zur Brut. Zuletzt war dies 2014 der Fall.

Links: Männliche Rohrammer mit Futter für den Nachwuchs. / Rechts: Sandregenpfeifer sind auf der Insel oft zu sehen und schreiten dort auch zur Brut. Hier ein Küken dieser Spezies.

Fortsetzung folgt…

Details zu 25 ausgewählten Fotospots und 18 Vogelarten auf Öland

„Öland – ein Eldorado für Vogelfotografen“ heißt die Überschrift zu diesem Beitrag, den ich in diesem Blog veröffentlichen durfte. „Öland – ein Eldorado für Vogelfotografen“ habe ich aber auch als Titel für meine neue Buchveröffentlichung gewählt, in der ich unter anderem 25 ausgewählte Plätze auf der Insel näher beschreibe, die sich besonders für die Vogelfotografie und auch -beobachtung eignen und auf deren Besonderheiten ich in der Publikation hinweise. Des Weiteren stelle ich in diesem Buch 18 Vogelarten vor, die für Mitteleuropäer eventuell besonders interessant sein könnten, d. h. wann und wo mit diesen ausgesuchten Spezies auf Öland am ehesten gerechnet werden kann. Es gibt zudem einen Statistikteil und weitere Informationen über die Landschaft und Vogelwelt der Insel. Wer sich einen Blick in dieses Buch wünscht, den lade ich gern dazu ein, meine Homepage zu besuchen.

Über Jörg Asmus…

Jörg wurde 1966 in Havelberg geboren. Er hat bisher 6 Bücher und zahlreiche Fachbeiträge zum Thema Ornithologie veröffentlicht. Jörg war Initiator und Mitinitiator von internationalen Erhaltungszuchtprojekten und ist seit 2013 eingeladenes Mitglied der „IUCN Species Survival Commission (SSC) Red List Authority“, die sich um die ständige Aktualisierung der bekannten Roten Liste bemüht. Des Weiteren ist er Mitglied der „IUCN Species Survival Commission (SSC) Europe“. In naturhistorischen Sammlungen hat er phänotypische Merkmalsvariationen und die Abgrenzbarkeit der jeweiligen Vogelgruppen studiert und darüber publiziert.

Für seine Arbeiten auf diesem Gebiet wurde er mehrfach ausgezeichnet, u.a. 2015 mit dem Maria-Koepcke-Preis der „Deutschen Ornithologen-Gesellschaft (DO-G)“. Seit 2015 wandte er sich verstärkt der Wildlife-Fotografie zu, wobei sein Hauptinteresse seitdem auf die Avifauna Nordeuropas ausgerichtet ist. Mit seinen fotografischen Arbeiten nimmt er seit 2022 wiederholt erfolgreich an internationalen Fotowettbewerben teil und erhielt für eine Vielzahl seiner Fotos diverse Preise. Einige seiner Arbeiten wurden bereits in mehreren Ausstellungen bzw. Kunstgalerien präsentiert, so in Deutschland, Frankreich, Norwegen und Schweden.

Porträt Jörg Asmus

Zahlreiche weitere Bilder von Jörg gibt es auf seiner Homepage www.bird-photography.de zu sehen.

Hier geht es zu seinem Facebook-Profil.

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