Ein Gastbeitrag von Patrick Schönecker
Die Schutzgebiete rund um Andasibe – ein weltweiter Artenhotspot
Besonders bekannt ist die Region für das Vorkommen einiger hochbedrohter Lemurenarten, allen voran der Indri, die größte noch lebende Lemurenart, die insbesondere für ihre walähnlichen Rufe bekannt ist. Bereits bei unserer Ankunft im Dorf wurden wir in der Morgendämmerung von den Tieren mit einem beeindruckenden Rufkonzert begrüßt.
Die Schutzgebiete rund um Andasibe sind ein Paradies für Naturfotografen und Biologen. Während einige Parks fußläufig direkt von der Ortschaft aus erreichbar sind und für den Ökotourismus besonders gut erschlossen wurden, sind die weiterläufigen und größeren Gebiete dem Normaltouristen kaum wirklich zugänglich. Das Betreten dieser Gebiete erfordert oft spezielle Genehmigungen und eine deutlich sorgfältigere Planung bzgl. der notwendigen Infrastruktur und Zeit. Doch genau diese abgelegenen Bereiche standen im Fokus unserer Reise, da sie eine Vielzahl einzigartiger Arten beherbergen, die wir uns so sehr vor die Kameralinse wünschten.
Andasibe gilt als weltweiter Artenhotspot, insbesondere für Amphibien. In der gesamten Region gibt es
über hundert Amphibienarten, darunter solche mit einer üppigen Farbenpracht, skurrilen Hautaus-wüchsen oder winzigen Körpergrößen, die auf einem Fingernagel Platz finden. Diese Vielfalt ist ein wahrer Schatz für Herpetologen und Fotografen gleichermaßen.
Die madagassische Tierwelt begeistert
Besonders faszinierend sind die Plattschwanzgeckos der Gattung Uroplatus. Diese Geckos beeindrucken durch ihre Fähigkeit, dank Körpergestalt und Färbung mit ihrer Umgebung zu verschmelzen und nahezu unsichtbar zu werden. Ebenso spektakulär sind die Chamäleonarten der Region, darunter das größte Chamäleon der Welt, das Parsonchamäleon (Calumma parsonii). Seine Farbenpracht und Größe machen es zu einem Highlight jeder Reise.
Neben der Herpetofauna ziehen auch die Wirbellosen die Aufmerksamkeit auf sich. Unser besonderes Ziel war es, eine einzigartige Asselart zu finden, die insbesondere in der Regenzeit aktiv ist und deren Körper mit eindrucksvollen Stacheln übersäht ist. Diese Kreaturen zeigen die faszinierende Vielfalt und Anpassungsfähigkeit der madagassischen Tierwelt.
Jede Begegnung mit diesen außergewöhnlichen Lebewesen war ein Erlebnis voller Staunen und Faszination. Die Herausforderung, diese Tiere in ihrem natürlichen Lebensraum zu fotografieren, machte die Reise zu einem unvergesslichen Aufenthalt.
Unsere Reise war alles andere als ein erholsamer Urlaub. Die Pausenzeiten beschränkten sich auf die notwendigen Essenspausen und kurze Phasen, in denen wir im Zelt oder in Hütten schliefen, um die Energie für die täglichen Touren zu sammeln. In der übrigen Zeit waren wir ständig auf der Suche nach Arten, haben fotografiert oder über die einzigartige Natur gestaunt.
Nachtexkursionen
Besonders die Nachtexkursionen spielten eine zentrale Rolle, da viele Reptilien und vor allem Amphibienarten nachtaktiv sind und erst in der Dunkelheit aus ihren Verstecken kommen. Eine gute Blitzausrüstung ist daher essenziell für die fotografische Ausbeute. Um eine gleichmäßige Ausleuchtung der Fotoobjekte zu erreichen, verwendeten wir verschiedene Diffusoren, z. B. solche der Firma Cygnostech, die das Licht der Blitze weich auf die Tiere abstrahlen und harte Schlagschatten weitgehend verhindern.
Besonders in Erinnerung bleiben die Momente, in denen man Arten findet, die ganz oben auf der persönlichen Wunschliste stehen. So konnten wir gleich mehrere der erhofften Arten entdecken und alle Plattschwanzgeckos und viele Chamäleons der Region aufspüren. Ein unvergessliches Erlebnis war das Zusammentreffen mit einer größeren Gruppe Indris. Diese beeindruckenden Tiere ließen uns mehrfach ausgiebig Zeit, sie zu fotografieren und ihr Familienleben intensiv zu beobachten. Wir konnten die sorgsame Pflege ihrer Jungtiere aus nächster Nähe beobachten, was bei uns einen tiefen Eindruck hinterließ.
Neue Entdeckungen und unvergessliche Momente
Diese Erlebnisse, die einzigartige Schönheit der Natur und die Nähe zu den Tieren machten die Anstrengungen und Herausforderungen unserer Reise mehr als wett. Jeder Tag brachte neue Entdeckungen und unvergessliche Momente, die uns für immer in Erinnerung bleiben werden.
Unsere Reise war sicherlich nicht die letzte, die wir nach und auf Madagaskar unternommen haben. In unseren Köpfen sind bereits neue Ziele und Wünsche verankert. Insbesondere möchten wir noch weitere und neue Arten in ihrem natürlichen Verhalten und Lebensraum dokumentieren und freuen uns auf die kommenden Expeditionen.
Ökotourismus zur Erhaltung der Natur Madagaskars
Der Ökotourismus in der Region um Andasibe ist auf einem guten Weg und ich hoffe inständig, dass dies beispielhaft für weitere Regionen der Insel sein kann. Madagaskar beherbergt einen unglaublichen Schatz an Fauna und Flora, den es zu schützen gilt. Dieser Schutz ist jedoch nur möglich, wenn die Menschen vor Ort den Wert in der Erhaltung der Natur erkennen. Hier ist der Ökotourismus und damit verbunden das Schaffen von Arbeitsplätzen ein wesentlicher Schlüssel. Deshalb kann ich jeden, der sich für die faszinierende Tierwelt Madagaskars begeistert, nur dazu ermutigen, diese einzigartige Insel zu besuchen.
Über Reiseagenturen gibt es mittlerweile einfachen Zugang zu den touristisch gut erschlossenen Regionen der Insel. Interessierte, die etwas speziellere Vorhaben im Land planen, können sich aber auch gerne für weitere Informationen an mich wenden. Ich vermittle gerne weiter.
Es bleibt zu wünschen, dass die Natur der Insel noch lange erhalten bleibt und dass zerstörte Primärwälder erfolgreich wieder aufgeforstet werden können. Madagaskar ist ein einmaliger Ort, der unsere Aufmerksamkeit und unseren Schutz verdient. Indem wir die Schönheit und Vielfalt der Insel erleben und wertschätzen, tragen wir dazu bei, ihre Zukunft zu sichern.
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