(c) Patrick Schönecker

Teil 1: Abenteuer Naturfotografie in Madagaskars Osten: Herpetologische Expedition unter extremen Bedingungen

Ein Gastbeitrag von Patrick Schönecker

Madagaskar ist sicher auch für viele andere ein exotischer Sehnsuchtsort, doch für mich hat die Insel eine ganz besondere Bedeutung. Schon als Jugendlicher war ich von der einzigartigen und endemischen Tierwelt Madagaskars fasziniert. Über die Terraristik kam ich früh zur Haltung und Zucht madagassischer Geckos, insbesondere die bunten Taggeckos der Gattung Phelsuma. Diese Leidenschaft weckte in mir unweigerlich den Wunsch, die Tiere in ihrem natürlichen Lebensraum zu erforschen und dabei natürlich auch zu fotografieren. Von meinem zusammengesparten Zivildienstgehalt und noch mit analoger Spiegelreflexkamera reiste ich das erste Mal im Alter von 20 Jahren auf die Insel vor der südöstlichen Küste Afrikas. Diese Reise hat mich tief geprägt und in den Bann der madagassischen Fauna und Flora gezogen. Seitdem habe ich zahlreiche Expeditionen unternommen, um die vielfältigen Biotope der Insel zu erkunden und möglichst viel Wissen über die dort lebenden Reptilien- und Amphibienarten zu sammeln, wobei mich die Feuchtgebiete mit ihrer extrem hohen Biodiversität besonders faszinieren.

Madagaskar liegt als eine der größten Inseln der Welt vor der Südostküste Afrikas und erstreckt sich über 1200 Kilometer von Nord nach Süd und etwa 650 Kilometer von Ost nach West. Die Insel ist durch ein Gebirge geprägt, das sich entlang der Ostküste von Norden nach Süden zieht und durch seine Lage im SO-Passat beständig feuchte Luftmassen anzieht. Dies führt zu hohen Niederschlägen und einer üppigen Vegetation im Osten der Insel. Während das zentrale Hochland und die Westküste eher von laubabwerfenden Trockenwäldern, Steppe und einem sukkulenten Buschland dominiert werden, ist die gesamte Ostküste von dichten Regenwäldern überzogen, zumindest dort, wo der Mensch sie noch nicht abgeholzt hat. Leider sind noch knapp 10% der ursprünglichen Primärwälder der Insel erhalten geblieben. Dies unterstreicht die Bedeutung der Nationalparks, privaten Schutzgebiete und kommunalen Initiativen zur Wiederaufforstung und zum Schutz der madagassischen Natur.

Dokumentation einer außergewöhnlichen Artenvielfalt

In diesem Jahr reiste ich mit einem altbewährten Team aus Vertretern verschiedener deutscher Zoos, Herpetologen und herpetologisch versierten Mitgliedern der Deutschen Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde (DGHT) an die zentrale Ostküste Madagaskars, in die Region um das Dorf Andasibe. Unser Ziel war es, möglichst viele Arten der madagassischen Fauna in ihrem Biotop zu finden, zu dokumentieren und das Wissen über deren Lebensansprüche zu erweitern. Teilweise ist das Wissen für viele Spezies nur marginal vorhanden und einige der Arten waren auch sicher schon ausgestorben, bevor man sie überhaupt wissenschaftlich beschreiben konnte. Dabei lag unser besonderer Fokus auf den Reptilien und Amphibien, die in dieser Region eine außergewöhnliche Artenvielfalt aufweisen.

Das Equipment muss an seine Grenzen gehen

Unsere Reise fand zum Ende der Regenzeit im Februar statt, weil wir uns davon versprachen, auf eine besonders hohe Anzahl an aktiven Reptilien- und Amphibienarten zu treffen, die während der Regenzeit auf dem Peak ihrer jährlichen Aktivität sind. Der Regen und die hohe Luftfeuchtigkeit stellen für die Tierarten der Regenwälder einen lebensnotwendigen Faktor dar, bringen jedoch den Fotografen und seine technische Ausrüstung an ihre Grenzen. Bei dieser Witterung wird die gesamte Technik extrem beansprucht. Anhaltende, stundenlange starke Regenfälle und eine Luftfeuchtigkeit von knapp unter 100% dürfen keinesfalls zu einem Ausfall der Technik führen. Das Eindringen von Feuchtigkeit in die Optik muss unbedingt verhindert werden, um die Expedition erfolgreich dokumentieren zu können.

(c) Patrick Schönecker
Nur wenige Stellen im Camp lassen ein Trocknen der Ausrüstung zu, die nach mehreren Tagen Dauerregen völlig durchnässt ist.

Für eine Fotoreise an die zentrale Ostküste Madagaskars ist damit die richtige Ausrüstung entscheidend, um den extremen Wetterbedingungen zu trotzen. Unser Fotoequipment besteht ausschließlich aus wetterfesten und abgedichteten Kamerabodies und Objektiven, die auch unter widrigen Bedingungen noch zuverlässiger als weniger abgedichtete funktionieren. Ich verwende die Modelle Canon EOS R5 und R6 zusammen mit verschiedenen Objektiven der Canon L-Serie und diversen Speedlight-Blitzen, die für ihre hohe Qualität und Widerstandsfähigkeit bekannt sind. Irgendwann zeigte sich aber auch selbst diese Ausrüstung am Ende ihrer Belastbarkeit und Pausen zum Trocknen der Ausrüstung waren an der Tagesordnung. Insbesondere beschlagene Linsen, durch die schwankenden Temperaturen im Hochland, machten uns zu schaffen.

Patricks Lieblingsequipment für verschiedene Motive und Aufnahmesituationen – Kameras, Objektive und Zubehör

Besonders gerne arbeite ich für kleinere Reptilien und Frösche mit dem Canon RF 100mm f2,8 L MACRO IS USM, das durch seinen 1,4:1 Abbildungsmaßstab gute Vergrößerungen ermöglicht. Gerade in der Nacht ist dieses in Kombination mit einem guten Diffusor und aufgesetztem Speedlite 600 EX II- RT meine Standardkombination. Bei größeren Reptilien nutze ich eine größere Softbox und blitze entfesselt.

Für weiter entfernte Motive wie Lemuren und Vögel nutze ich das Canon EF 300mm F2.8 L IS II USM, oft in Verbindung mit dem 1,4-fach- und dem 2-fach-Extender, sowie das Canon RF 100-500mm F 4.5-7.1 L IS USM. Diese Kombination bietet Flexibilität ohne die hohen Platz- und Gewichtsanforderungen längerer Festbrennweiten und minimiert die logistischen Herausforderungen bei längeren Exkursionen im Regenwald. Gerade das RF 100-500 mm eignet sich durch seine geringe Naheinstellgrenze auch hervorragend für Reptilien. Bei besonders scheuen Reptilien- und Amphibienarten kommt als zweites Makroobjektiv das Sigma 180 mm f2.8 Apo Macro DG HSM zum Einsatz.

(c) Patrick Schönecker
Der Indri ist der noch größte noch lebende Lemur.

Für die Landschaftsfotografie verwende ich vorwiegend die RF Objektive 14-35 mm F4 L IS USM und 24-105 mm F4 L IS USM. Da die Oberflächen im Wald immer zu starken Reflexionen neigen, fotografiere ich hier eigentlich nie ohne einen guten Polfilter. Ebenso an den Bächen, wo ich selbige je nach Situation noch mit Graufiltern oder Verlaufsfiltern kombiniere.

(c) Patrick Schönecker
Die Regenwälder um Andasibe sind noch dicht und üppig bewachsen. Die hohen Niederschläge führen zu zahlreichen Bächen und Flüssen.

Alle verwendeten Canon-Objektive besitzen spezielle Abdichtungen, die das Eindringen von Staub und Feuchtigkeit weitgehend verhindern sollen. Dennoch kommen sie bei starkem Regen an ihre Grenzen, sodass zusätzlicher Regenschutz unabdingbar ist. Das gesamte Fotoequipment wird, wenn möglich, in wasserdichten oder zumindest wasserabweisenden Rucksäcken und Taschen verstaut. Alle Rucksäcke werden vor der Reise frisch imprägniert, um zusätzlichen Schutz vor Feuchtigkeit zu bieten. Für das Fotografieren im Regen eignet sich aber immer auch ein handelsüblicher Regenschirm. Ideal sind Modelle mit einer speziellen Halterung am Rucksack, die dafür sorgt, dass man während des Fotografierens beide Hände frei hat.

Gute Planung ist das A und O – lokale Guides und erforderliche Genehmigungen

Dank der logistischen Planung und der zahlreichen Reisen, die wir in den letzten Jahren nach Madagaskar unternommen haben, konnten wir eine gute Kooperation mit lokalen Guides und Trägern für den Transport des Equipments aufbauen. So stehen uns zusätzlich immer mehrere spezialisierte Guides für die einzelnen Schutzgebiete, Nationalparks oder auch die ungeschützten Flächen zur Verfügung, mit denen wir uns sicher im Gebiet bewegen können und die vor allem auch bereits im Vorfeld in unserem Auftrag die nötigen Erlaubnisse zur Betretung der Gebiete in Kommunikation mit den Landbesitzern organisieren. Ich empfinde gerade auch diesen Faktor als wichtig, da auch von uns sicherlich niemand irgendwelche Fremden ohne vorhergehende Abstimmung auf seinem Grund haben möchte. Zusätzlich helfen lokale Träger bei der Überwindung der teils mehrstündigen Fußwege bis zu den Camps in die Regenwälder.

Die Region Andasibe

Die Anreise nach Madagaskar erfolgt meist mit dem Flugzeug von Paris in die madagassische Hauptstadt Antananarivo. Diese Stadt liegt im zentralen Hochland und dient als Dreh- und Angelpunkt für alle weiteren Inlandflüge. Von hier aus führen  Nationalstraßen in alle Himmelsrichtungen Madagaskars. Unser Ziel war das etwa drei bis vier Autostunden östlich gelegene Andasibe. Unsere madagassischen Freunde empfingen uns bereits am Flughafen und brachten uns mit mehreren Geländewagen zu unserer ersten Unterkunft, wo wir mit der beginnenden Morgendämmerung eintrafen.

Die Region um Andasibe ist zumindest in Teilen touristisch gut erschlossen. Eine Vielzahl von Unterkünften unterschiedlichster Preisklassen bietet Besuchern angemessene Beherbergungsmöglichkeiten vom Zeltplatz bis zur Luxuslodge. Rund um den Ort bietet ein Netzwerk mehrerer Nationalparks und Schutzgebiete zahlreiche Möglichkeiten, die Herpetofauna zu erkunden. Diese Gebiete erstrecken sich von Höhenlagen von knapp über 1.000 Metern bis auf etwa 600 Meter und bieten damit Arten unterschiedlicher Temperatur- und Biotopansprüche angemessene Lebensräume. Auch dadurch ist die erwartete Anzahl an Tierarten in dieser Region besonders hoch.

(c) Patrick Schönecker
Leben und Sterben liegen im Regenwald eng zusammen. Hier wurde eine Stabschrecke von einem Pilz befallen.

Das Ziel des Nationalparkverbunds um Andasibe war es, durch viele zusammenhängende Schutzgebiete den Regenwaldgürtel, der insbesondere in dieser Region durch Holzeinschlag stark beeinträchtigt wurde, zu schützen und eine Durchwanderbarkeit sowie einen Biotopwechsel für die dort lebenden Arten zu ermöglichen. Insbesondere auch die dort ansässigen NGOs leisten hervorragende Arbeit und konnten bereits zerstörte Regenwaldgebiete erfolgreich wieder aufforsten. Allen voran ist hier die Association Mitsinjo (https://associationmitsinjo.wordpress.com/) zu nennen, die nicht nur riesige Flächen des zerstörten Primärwaldes mit selbst gezogenen Setzlingen der endemischen Baumarten aufforstet, sondern auch ein sehenswertes privates Schutzgebiet betreibt und in Kooperation mit weltweit führenden Zoos, Natur- und Artenschutzorganisationen eine große Nachzuchtstation für endemische madagassische Froscharten betreibt. Diesem Zusammenschluss ist zu verdanken, dass die Bestände des madagassischen Goldfröschchens (Mantella aurantiaca), das durch Biotopzerstörung nahe an den Rand der Ausrottung getrieben wurde, wieder eine Chance auf Fortbestand haben. Alleine von dieser Art wurden bereits zig tausende in der projekteigenen Zuchtstation nachgezüchtet und an geeigneten und renaturierten Stellen wieder ausgewildert. Insbesondere durch den Ökotourismus, die damit verbundene Tätigkeit in den Schutzgebieten und die NGO-Aktivitäten finden mittlerweile 90% der örtlichen Bevölkerung ihr tägliches Brot. Der Tourismus ist in der Region damit eine der finanziellen Stützen und die Einwohner sehen dadurch klar den Nutzen der noch intakten Natur.

(c) Patrick Schönecker
Unser Camp mit einem Teil des madagassischen Teams inmitten des Regenwalds. Leben unter einfachsten Bedingungen.

FORTSETZUNG FOLGT

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert