Paul Leclaire ist Theaterfotograf.
Paul Leclaire ist Werbefotograf.
Paul Leclaire das bin ich, jemand, der in diesem Blog noch nichts geschrieben hat, der aber, wie die Blogger vor mir, auch mit langen Brennweiten arbeitet. Wie meine Kollegen, die sich der Naturfotografie, Tiere und Landschaft, verschrieben haben. Nein es geht hier nicht um „Ballettratten“ aus der Fledermaus, obwohl die Oper auch in meinen Blickwinkel kommt, nur nicht in der Natur, sondern auf beliebigen Holz- Beton-und sonstigen Bühnen.
Ich fotografiere Musiktheater und Sprechtheater, landläufig als Schauspiel und Oper bezeichnet, und weitere Jobs, die mit Tanztheater zu tun haben, gehören auch zu meinem fotografischen Sehbereich.
Es handelt sich immer um Szenen und Bewegungen, die mit Musik und Sprache zu tun haben. Mal sind es Bühnenportraits, hier dann mir der langen Brennweite, dann sind es Gruppenaufnahmen, szenische Zweier- und Dreierbeziehungen, für die die 70-200er oder 24-70er Linsen passend für meine Aufnahmeentfernung konstruiert worden sind. Das sind Linsen, die nicht auf Distanz gehen, sondern mit denen der Fotograf in die Szenen hinein gelangt, als ob er auf der Bühne mitwirkt.
Fotografische Nähe bringt besondere Bilder.
Das Wissen um das Wesen der Linsen und den passenden Bildwinkel hilft Szenen auf den Punkt zu bringen. Auf der Bühne gibt die Guten und es gibt die Bösen, es gibt ein Libretto oder eine Szenenabfolge, wo alles Menschliche offen zu Tage tritt, wenn Verwechselungen, Intrigen und Mord sich die Hand reichen und sich in die Arme spielen. Das gilt auch für den Fotografen, wenn die Szene mit der richtigen Linse festgehalten wird.
Inhaltlich geht um Betrug, Verrat und Liebe, all die Dinge, die es möglich machen, einen Stoff mit und ohne Musik, Zuschauern zu zeigen, live und als Event. Menschliche Regungen zum Anfassen und nicht zweidimensional im Fernsehen im heimischen Wohnzimmer, auf der Bühne ohne mögliche Zeitlupe, nein wir sind hier und jetzt im Theater, im Moment, wir sind live.
Und wir als Zuschauer bestimmen, wo wir bei diesem „Event“ hinsehen, und wir als Fotografen zeigen den Betrachtern unserer Bilder, wo wir hingesehen haben, was wir „entdeckt“ haben, unsere Blicke, wo wir neugierig waren. Wir öffnen uns und teilen uns in unseren Bildern und in unserem ausschnitthaften Sehen der Nachwelt mit, wir stellen uns bloß, wir zeigen das, was wir sehen und fühlen.
Genau das macht der Theaterfotograf, wenn er das Bühnengeschehen festhält, nicht als Dokumentation und Fotokopie, sondern mit seinen Augen gesehen und durch sein Sehen gefiltert. Nicht für das Archiv fotografiert, sondern für Programmhefte und als Illustrationen für spätere Kritiken. Die Pressefotos sind in dem Moment auch Werbefotos für die Theater-Produktion und für den Verkauf der Eintrittskarten. Also sind es eigentlich reine „Reklame“Fotos, die emotional den Betrachter bewegen sollen, aber auch bewegen wollen, kauf dir eine Opernkarte. Die Bilder müssen Lust mache, da will und gehe ich hin.
Aus diesen Gründen darf die Theaterfotografie niemals nur Abbild sein, sondern ich muss mich immer als Fotograf mit der Materie, die ich fotografiere, emotional auseinander setzten. Meine Theaterfotos sind reinste „Subjektivität“, sind niemals objektiv, das geht gar nicht. Ich habe es so gesehen und ich habe es so fotografiert. Punkt.
Objektive Fotografie ist mir fremd, wenn es sie überhaupt gibt. Das Wesen der Fotografie ist immer subjektiv. Ich bereite mich auf den Stoff vor, lese Inhaltsangaben, lese Texte und gehe dann zum Fotografieren. Nach über vierzig Jahren kenne ich mittlerweile viele Inhalte der Stücke und kann mir das Anlesen der Handlung schenken.
Spannend ist hier dann für mich, wie setzt dieser Regisseur, das Stück um, das man vorher schon in der Fassung von 4 oder 5 anderen Regisseuren gesehen hat. Fotografiert wird dann bei den letzten Endproben, für alle auf der Bühne in Kostüm und Maske, wann auch immer Masken, Kostüme und Bühnenbild fertig sind. Manchmal liegt das noch bis kurz vor der Premiere im Argen, aber das ist Theater, es wir bis zum letzten Moment noch geändert und versucht, alles zu verbessern.
Vor den Endproben in Kostüm und Maske besuche ich auch noch Proben der Produktion auf der Probebühne. Die Protagonisten sind dann zwar „privat“ oder in Probekostümen, aber vom Wesen der Produktion, von der angedachten Regieführung nehme ich Einiges auf. Die Auseinandersetzung von Regisseur und Spielern, das Verweben von Szenen, das Ineinanderfolgen des szenischen Ablaufs, das ist spannend, das bringt mich als Fotograf auch zum Kern der Aussagen, was will das Stück, was will der Regisseur… und, was will ich, wie komme ich mit der Thematik zurecht, wie kann ich es in Bildern ausdrücken.
Ich mache immer wieder die Erfahrung, die Proben auf der Probebühne sind oft spannender als das Ergebnis, das nachher aufgeführt wird, weil auf der Probe die Szene sich mal dahin oder dorthin entwickelt.
In diesen Situationen habe ich als Fotograf von Regisseuren sehr viel gelernt. Habe gelernt meine eigenen Werbebilder mit Menschen in Szene zu setzen, dabei bin ich dann der Regisseur des Bildes. Es hat sich in den Jahren dahin entwickelt, dass ich mich bei meinen eigenen Peopleproduktionen mehr als Regisseur fühle, der zugleich sein eigener Fotograf/Kammeramann ist.
Gezielt fotografieren, dass es aber wie zufällig aussieht. Es szenisch und authentisch auf den Punkt bringen. Das ist meine fotografische Maxime… und ein Bild muss in erster Linie erst mal mir gefallen, ich muss zufrieden sein, ich sollte mein größter Kritiker sein. Aber bin ich da so weit weg von den Naturfotografen?
In aller Spannung, möglicher Aggressivität und menschlicher Expressivität und Emotionalität soll das Bild ehrlich und wie gerade passiert aussehen. Sollte das nicht für jedes Foto gelten?
Meine „Modelle“ proben den Auftritt genauso wie die Schauspieler oder Sänger, nichts ist rein zufällig, auch wenn ein Spieler mal einen Gang vergisst, den er geprobt hat, alles ist menschlich.
Bis jetzt habe ich nur über die äußeren Umstände der Theaterfotografie gesprochen, was ist mit der Foto-Technik. Wie mache ich das überhaupt… Seit gut 15 Jahren(?) nur noch digital. Mit Canon. Zuerst mit der EOS D2000, der EOS D60, der 1Ds Mk einszweidreivier, und dann der EOS 5D Mk einszweidrei. Zur Zeit arbeite mit der Canon EOS 5D Mk IV, mit zwei Gehäusen.
Linsen nutze ich vom Weitwinkel 16mm bis Tele 300mm mit 1,4x und 2,0x Konverter. Alle Linsen, Zoom oder Festbrennweite, mit mindestens 1:2.8 Öffnungsverhältnis…und offener, das bringt die oft dunkle Bühne so mit sich. Alles, wo eine 4.0 vorsteht, hat bei mir als Linse keine Chance. Das ist so.
Wenn es auf der Bühne dunkel ist, muss ich mit der Empfindlichkeit hoch gehen. Die Technik ist mittlerweile so stark, dass ISO 3200 bei mir die Normeinstellung im Theater sein kann. Manchmal gehe ich auch höher, aber ungern, aber… wenn ich das Bild machen will, und es geht nicht anders, dann mache ich es auch mit ISO 3200++, aber wie gesagt, ungern.
Ich fotografiere ohne Stativ, nur wenn ein Konverter nochmal hinter die Linse der 200er oder 300er gesteckt wird, dann nehme ich gern das 3ojährige GITZO zur Hand…das ist dann ein wenig entspannter für die Dauer der Theaterprobe, ab 300mm aufwärts wird es bei der 60tel aus der Hand nicht mehr richtig scharf.
(Die Fortsetzung folgt im nächsten Beitrag)
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