Motorsportfotografie I

Ein Gastbeitrag von Guido Alfes

Im Bereich der Sportfotografie ist die Ablichtung von Motorsportereignissen, also sich z.T. sehr schnell bewegten Objekten etwas ganz besonders. Auch in Zeiten von Greta & Co kann sich wohl kaum jemand, der mal dabei war, der Faszination eines solchen Ereignisses entziehen und den Kritikern sei gesagt, dass es ja auch hier Ansätze hin zur Elektrifizierung gibt. Volkswagen hat dies mit dem ID.R erst im letzten Sommer bei einem Rundenrekord auf der Nürburgring Nordschleife mit einer Zeit von 6:05 Minuten für die 20,8 km lange Strecke gezeigt. Es geht halt nicht alles auf einmal.

Sicher kein schlechtes Foto, es fehlt allerdings deutlich die Dynamik f/4, 1/5000

Nürburgring ist ein gutes Stichwort, denn, wenn man sich mit Motorsport, insbesondere dem automobilen Motorsport beschäftigt, kommt man an dieser legendären Eifelachterbahn nicht vorbei. Zusammen mit dem 1984 neueröffneten Grand-Prix Kurs (in Bereichen der ehemaligen Südschleife) ergibt sich, je nach Rennen, eine Streckenlänge von 24,358 km (VLN / NLS) und 25,378 km (24h Rennen) oder 5,148 km (GT Masters, Grand-Prix Kurs). Es geht permanent bergauf und bergab, Kurven sind nicht einsehbar und es wird extremes Können an die Pilotinnen und Piloten sowie an das Material gestellt. Laut Aussagen soll 1 km Nordschleife im Rennbetrieb etwa 18 km auf normaler Straße entsprechen. 33 Links- und 40 Rechtskurven, Steigungen von 17 % und Gefälle von 11 % lassen auf der zwischen 320 m und 620m ü. NN liegenden Strecke keine Langeweile aufkommen. Ganz nebenbei spielt das Wetter auf dem 1927 eröffneten Kurs oft verrückt und die Wahl der richtigen Reifen gleicht manchmal einem Pokerspiel. Während es an Start- und Ziel sonnig und trocken sein kann, ist es möglich, dass im Bereich Adenau wolkenbruchartige Zustände herrschen.

Grundsätzlich ein guter Bildaufbau, der Porsche parkt allerdings f/6.3, 1/2000

Bei etwas geänderter Perspektive sind die Räder kaum noch zu sehen und der parkende Eindruck verändert sich etwas f/5.6, 1/1600

Als Kind der 1970er Jahre und damit einhergehender Jugend ab der zweiten Hälfte der 1980er Jahre kam man als heranwachsender junger Mann zwangsläufig mit Motorsport in Kontakt. Schließlich gipfelte der Motorsport in die Goldenen Jahren der Deutschen Tourenwagenmeisterschaft (DTM) und Anfang der 1990er Jahre löste Michael Schumacher den absoluten Formel 1 Boom aus. Die DTM wurde sonntags mittags zur besten Sendezeit live im öffentlich-rechtlichen Fernsehen übertragen und Formel 1 Rennen wurden zum gesamtgesellschaftlichen Ereignis gepusht.

Im Idealfall sind die Räder gar nicht zu sehen. Das leichte Kippen erzeugt Dynamik f/4, 1/4000

Das Thema Motorsport verlor aber bei mir im Zuge der Ausbildung und des Studiums (Geographie) an Gewicht, wenngleich das Interesse daran nie wirklich ganz erloschen ist. Als mein Bruder dann vor einigen Jahren mal wieder am Ring war hat er mich animiert doch mal wieder mitzukommen. „Da finden die VLN-Läufe statt, absolut geil und toller und ehrlicher Motorsport“, so in etwa waren seine Worte. Also haben wir uns ein Rennen der Vereinigten Langstreckenserie (VLN) ausgeguckt. Gefahren wird hier auf einer Kombination aus verkürztem GP-Kurs und der legendären Nordschleife. Mein Fotozeugs habe ich natürlich entsprechend gepackt und die damals gerade erst erworbene EOS 80D war im Gepäck, sowie ein 70-200 L f/4 USM (also ohne Stabi) und das damals recht neue Sigma 150-600 C. Die Streckenabschnitte wie etwa „Hatzenbach“, „Schwedenkreuz“, „Fuchsröhre“, „Karussell“ und „Brünnchen“ sind bei Interessierten wohl bekannt und so haben wir dann im Bereich „Schwalbenschwanz“, dem sog. kleinen Karussell, Position bezogen. An den Zuschauerbereichen rund um die Nordschleife finden sich im Sicherheitszaun immer wieder Fotolöcher durch die man dann seine Aufnahmen machen kann. Auch wenn man mit langer Brennweite direkt vor dem Zaun Stellung bezieht, hat man gute Fotomöglichkeiten und der Zaun löst sich i.d.R. in Luft auf. Das vierstündige Rennen haben wir dann im Bereich dieser kleinen Steilkurve an den unterschiedlichsten Fotolöchern verbracht und sind zudem noch ein Stück in Richtung „Galgenkopf“ gelaufen und haben auch dort noch einige Aufnahmen gemacht.

Auch das Heck ist sehenswert f/5.6, 1/640

 

Ein problemloser fester Bildausschnitt f/6.3. 1/4000

Zu Hause wurde dann aus deutlich über 1000 Aufnahmen mit voller Serienbildgeschwindigkeit aussortiert. Viele Bilder wurden entwickelt und für gut befunden und das sind diese Fotos zunächst aus rein belichtungstechnischer Sicht auch. Doch es fehlt ihnen etwas ganz entscheidendes, die Dynamik des Rennsports!

Mit einem Weitwinkel gelingen beeindruckende Aufnahmen

Wie wahrscheinlich alle Einsteiger in diesem Fotogenre habe ich an dem Tag kein Foto mit einer längeren Belichtungszeit als 1/250 gemacht. Folglich sehen die Rennwagen in der aus Betonplatten aufgebauten Kurve aus, als würden sie dort parken. Die kurzen Belichtungszeiten sind nicht das eigentliche Problem, vielmehr ist es die Perspektive auf den Wagen. Kommt einem dieser direkt frontal entgegen oder fährt entsprechend von einem weg, sind die kurzen Zeiten legitim. Solange die Räder von der Seite nicht wirklich zu sehen sind und das Fahrzeug durch eine zu kurze Verschlusszeit stillzustehen scheint, sind Bilder nach dem Motto „groß, bunt, scharf“ durchaus machbar.

Annäherung an die echte Dynamik, Mitzieher des Falken BMW im Karussell, der Polfilter reduziert die starke Spiegelung f/7.1, 1/250

 

Im Fahrerlager gibt es viel nebenbei zu entdecken

 

Mit einem Fisheye gehen auch solche Aufnahmen

 

Ebenfalls eine Fisheye-Aufnahme

Die Rennserie VLN (seit 1977) ist sehr zuschauerfreundlich. An der Nordschleife ist, bis auf das Parkticket, kein Eintritt erforderlich. Ein Ticket für die Boxengasse kann für kleines Geld erworben werden und somit kann man sich den Teams, Autos und Fahrern „hautnah“ nähern. Die Arbeiten und auch Emotionen in der Boxengasse können ebenso miterlebt werden, wie der sog. Gridwalk, also der Gang durch die Startaufstellung. Gestartet wird hier in verschiedenen Klassen und man kann mit allen Beteiligten dort locker sprechen, egal ob es ein kleines Privatteam mit einem „alten und langsamen“ Fahrzeug ist, oder eines der professionellen GT3 Top-Teams; eine sehr angenehme Atmosphäre findet man übrigens überall am Ring vor. Vor dem Zeittraining am Samstag und zwischen Training und Rennen (Samstag, Start um 12 Uhr) kann man frei den Pitwalk, also den Gang durch die Boxengasse machen und Rennatmosphäre schnuppern. Grundsätzlich ist man beim ersten Besuch in der Boxengasse von den Eindrücken dort erschlagen und weiß gar nicht so wirklich, wo man anfangen soll zu fotografieren. Hier empfiehlt sich die Mitnahme eines Weitwinkels. Gerade ein Rennwagen aus tiefer Position, mit möglichst wenig Brennweite aufgenommen, wirkt extrem gut im Foto. Lässt man etwas „Luft“ um das Hauptmotiv, kann man so ggf. den Mechaniker beim Reifenwechsel im Bild integrieren. Wenn die Wagen in die Startaufstellung geschoben werden, sollte man auch hier ruhig mit längeren Belichtungszeiten experimentieren und somit durch einen Mitzieher die Bewegung einfangen.

Das Bild erzählt mehrere Geschichten

 

Auch hier wird eine kleine Geschichte erzählt

Bei einem weiteren Rennbesuch habe ich mich im Bereich der Nordschleife an die Dynamik herangetastet. Idealer Ausgangspunkt, auch wenn man die Familie mitnimmt, ist das „Brünnchen“. Neben der obligatorischen Pommesbude kann man von hier sehr schön über die Streckenabschnitte „Eschbach“, „Wipperman“, „Hedwigshöhe“ und „Hohe Acht“ zum „Karussell“ laufen. Zwischendurch gibt es immer wieder gute Fotolöcher oder die Möglichkeit durch den Zaun zu schießen.

Die Fortsetzung dieses Berichtes findet ihr im zweiten Teil.

#gesundbleiben

Guido Alfes

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