Bezahlte Motive

Auf meiner Tour durch die Republik habe ich mehrfach an den Feldberger Seen, genauer gesagt bei Fred Bollmann von Ranger-Tours halt gemacht, der sich inzwischen über die Landesgrenzen hinweg als Dienstleister für naturfotografische Angelegenheiten einen Namen gemacht hat. Erst letzte Woche habe ich im Allgäu bei miesem Regenwetter geschleppt, geschwitzt und geflucht, da es im Gebirge durchaus mühsam ist, den Motiven zu folgen oder überhaupt erst einmal zu ihnen zu kommen. Für eine untrainierte Lusche, wie ich es im Moment nun einmal bin, ist es da richtig erholsam, sich Morgens mit dem Bötchen über den See zum Seeadler schippern zu lassen oder ein fertiges Ansitzversteck zu beziehen. Nun ist genau das nicht unbedingt jedermanns Sache. Undja, es ist ein reizvoller Aspekt der Naturfotografie, sich seine Motive von A-Z selber zu erarbeiten.

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Anfliegender Seeadler – Markus Botzek

Und so gibt es sicher den ein oder anderen, der über diese Art der Naturfotografie sein Unverständnis kundtut und diese bisweilen sogar heftig kritisiert. Man spricht den aus solchen Situationen hervorgegangenen Bildern jegliche Wertschätzung ab, verneint die Natürlichkeit des eingefangenen Augenblicks und vermisst das Erlebniss. Zweifelsfrei kann jeder sein Erlebniss da suchen, wo er möchte. ür mich ist es immer wieder ein gleichbleibend überragendes Erlebniss, wenn ein Seeadler nah an mir vorbeifliegt, wie man es regelmäßig etwa an der wendländischen Elbe haben kann. Kommt der Vogel dann aber auch noch bis auf formatfüllende Distanz heran und hlot sich einen Fisch ab, steigt mein Puls noch einmal zusätzlich. Und das kann man vom Boot aus auf dem Breiten Luzin erleben, nicht an der Elbe.

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Schwarzmilan vor Ansitzhütte – Markus Botzek

Der Situation nun die natürliche Seele abzusprechen, bedeutet dem Vogel gegenüber respektlos zu sein. Obwohl er sich dem Menschen nähert, ja von diesem gar Fisch entgegennimmt, ist er doch ein wilder Vogel, der durchaus auch mal nicht kommt und einfach im Baum sitzen bleibt. Egal, was für einen tollen Fisch man ihm dann anbietet. Das kommt nicht oft vor, aber es kommt vor. Ich meine auch mal gesehen zu haben, dass er dabei seine mittlere Schwungfeder entgegenstreckte. Ist doch auch klar: hat er ausreichend Beute gemacht oder gefunden (Aasfresser), braucht er keinen zusätzlich Bollmann-Fisch. Braucht er ihn, holt er ihn. Als Nahrungsopportunist hat der Vogel gelernt, diesen komischen Typen und seine Fotografenbegleiter zu nutzen. Das ganze ist eine klassische Dreiecksbeziehung: Ranger gibt Adler Fisch, Fotograf bekommt Bild, Fotograf gibt Ranger Geld. (Mir fällt gerade auf, dass der Fisch am wenigsten von der Sache hat)

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Jagender Graureiher – Markus Botzek

 

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Geht doch – Markus Botzek

In einem der Fotoverstecke zu sitzen, ist ähnlich. Fred hat eine schöne Lokation ausgeguckt und einen Ansitz gebaut und als Fotograf kann man nur noch ernten. Und muss aber auch mit den Begebenheiten leben, wie sie sich nun mal in der Situation darstellen. Man hat durchaus einen gewissen Service, aber auch Einschränkungen. Ich ziehe selber das fotografieren aus dem eigenen Tarnzelt vor, da ich Perspektive, Hintergrund, Lichtführung etc. selber bestimmen kann. Aber ich kann das Tarnzelt nun mal nicht überall aufstellen. Und man stelle sich mal vor, wenn alle Naturfotografen ihre Verstecke, Tarnzelte und Ansitzhäuschen in der Natur verteilen würden. Das hätte schnell den Charakter einer Neubausiedlung. Zudem entstehen bei all den Anbietern von Fotomöglichkeiten Bilder, die in der Öffenlichkeit für die Natur arbeite können. Wo kämen denn all die tollen Bärenbiler her, wenn nicht von finnischen Tourenanbietern? Daher glaube ich, dass es für die Natur und die Naturfotografie gar nicht so schlecht ist, das es Leute gibt, die uns bestimmte Fotosituationen anbieten und damit einen Teil unserer Arbeit abnehmen.

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Wendehals – Markus Botzek

Vielleicht gibt es Aspekte, die ich noch nicht gesehen habe und die wir hier mal diskutieren könnten.

Viele Grüße

 

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