Eigentlich sollte der Wochenendausflug ins Havelland nur dazu dienen, eine neue Workshoplokation im Detail auszukundschaften. Völlig unerwartet hat er dazu geführt, den Winter jetzt schon zu vermissenAber wollen wir auch nicht gleich wieder übertreiben. Irgendwie bin ich schon auch froh, dass die Temeperaturen so langsam steigen und die Tage länger werden. Denn damit treten auch demnächst wieder völig andere Motive zu Tage. Und das sogar im wahrsten Wortsinn. Im Wald bei mir um die Ecke spriessen gegenwärtig die Blätter des Aronstabs aus der Dunkelheit der Erde hervor. Nicht mehr lange, und der Waldboden erstrahlt wieder im Weiß des dichten Buschwindröschen- Blütenteppichs. Schon wenn ich nur daran denke, komme ich ins Schwärmen, auch wenn der Anblick und die meisten dieser Motive nicht unbedingt neu für mich sind. Aber wie im letzten Beitrag ja ausgeführt, kann es sein, dass man durch Begegnungen mit Fotokollegen oder durch bestimmte Erlebnisse mit neuer Inspiration in die jeweils anstehende Fotosaison geht. Und so kann auch das altbekannte Buschwindröschen mit Spannung erwartet werden.
Zuvor aber war ich nun einmal noch für ein Wochenende im Havelland. Aufgrund der immer schöner werdenden Verkehrssituation auf deutschen Autobahnen (Achtung: Ironie) schmolz es auf eineinhalb Tage zusammen, an denen ich lediglich den Samstag Abend und den Sonntagmorgen fotografisch zu nutzen versuchte. Ansonsten musste ich mir ein paar Orte und Verkehrsanbindungen anschauen, da dieses Jahr erstmalig ein Fotoworkshop im Havelland geplant ist und ich meine lokalen Kenntnisse noch etwas intensivieren wollte.
Anders als im Ruhrgebiet war es im Osten richtig kalt. Während bei uns das Thermometer gerade mal so um den Gefrierpunkt herumdümpelte, waren hier alle Wasserflächen auf den Wiesen zugefroren und auch die größeren Seen hatten zumindest einen Eisrand. Dennoch war die Zahl der hier rastenden Wintergäste enorm. Die Wildgänse, die so langsam den Niederrhein verlassen, machen hier noch einmal Halt. Am Abend dann besuchte ich ein Seeufer, um die dort einfallenden Gänse und Singschwäne zu beobachten. Die Temperaturen fielen noch einmal merklich. Für die Nacht wurden 15 Grad Minus vorhergesagt.
Von den Ereignissen am See begeistert, stieg ich im Dunkeln aus dem Bett und marschierte gleichdrauf zügig Richtung See. Allerdings musste ich das Schrittempo bald drosseln. Zu kalt war die Atemluft. Und der Wind verursachte sogar schmerzende Augen. Nix mehr gewohnt nach diesem größtenteils lauwarmen Winter daheim. Tränende Augen sind allerdings schlechte Vorraussetzungen für das fotografieren, wenn gleichzeitig der Autofokus nicht effektiv einsetzbar ist. Denn meistens wollte ich die Vögel hiner dem Schilf aufnehmen, um einige Effekte auszuprobieren. Ein paar der Ideen, die am Niederrhein vor einigen Wochen entstanden sind, sollten gleichmal zur Anwendung kommen.
Geklappt hat nur ein Bruchteil dessen, was möglich gewesen wäre. Allein schon deshalb fiebere ich dem nächsten Winter entgegen. Aber es ist auch die Kombination aus kalter Luft, dieser besonderen winerlichen Stille und den Rufen der Singschwäne, die mir beim Gedanken an die kalte Jahreszeit immer wieder warm ums Herz werden lässt. Diese wenigen Stunden am See hat der Winter gut genutzt um in Erinnerung zu bleiben. Aber schon auf dem Rückweg zur Unterkunft hörte ich den Specht trommeln und die Goldammer singen. Auf diesen 400 Meter bis zu Kaffee und Frühstück habe ich den Winter für dieses Jahr zurückgelassen.
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