Immer wieder wenn ich Moschusochsen sehe, live oder auf Bildern, muss ich schmunzeln und staunen zu gleich. Zum einen sehen sie mit ihrem langen Fell und den scheinbar kurzen Beinen so pummelig und unbeholfen aus, zum anderen Strahlen sie für mich wie kaum ein anderes Tier Kraft und Urtümlichkeit aus. Ich kann mir bei ihrem Anblick genau vorstellen, wie sie vor hunderttausenden von Jahren schon genau an der gleichen Stelle durch das Fjell wanderten, während der Mensch noch damit beschäftigt war aufrecht gehen zu lernen.
Vor nicht einmal hundert Jahren hat der, mittlerweile aufrecht gehende Mensch, es geschafft die zu den Ziegen gehörenden Tiere vollständig aus Europa zu vertreiben. Erst durch nachträgliche Wiedereinbürgerungsversuche gelang es sie wieder in Norwegen anzusiedeln. Mittlerweile ist ihr Bestand dort recht stabil und zieht Fotografen und Schauliste aus aller Welt beinahe magisch an. Genauso einen Fotofreund und mich als wir diesen Herbst zusammen in Norwegen waren. Wir wollten sie unbedingt ein paar Tage begleiten und Fotos von ihnen mit nach Hause bringen.
Es dauerte nicht lange, bis wir in hunderten Metern Entfernung die erste Herde ausmachen konnten. Da war es wieder, dieses Gefühl von Urzeit. Eine Herde von 7 Tieren in einer unglaublichen kargen und scheinbar lebensfeindlichen Landschaft. Super!
Das einzige was diese Idylle störte war ein Trupp von Fotografen die in recht kurzem Abstand der Herde hinterher trotteten und augenscheinlich versuchten Bilder zu machen. Uns ärgerte dieser Anblick sehr und wir waren uns einig es nicht auf die gleiche Art und Weise versuchen zu wollen. So suchten wir uns eine andere Herde, ohne Fotografen, und legten uns in einigem Abstand neben die gerade ruhenden Tiere um sie an uns zu gewöhnen. Ganz langsam und Stück für Stück näherten wir uns ihnen. Sie schienen uns nicht besonders spannend zu finden und guckten nicht einmal auf. So kam es, dass wir ohne ein einziges Tier aufzuscheuchen oder zu stören nah genug an sie heran kamen. Wir warteten. Nach einigen Minuten setze sich die Herde in Bewegung, doch nicht von uns weg sondern im Gegenteil. Sie schienen uns akzeptiert zu haben und ästen seelenruhig nur 15 Meter neben uns.
Auf diese Art und Weise verbrachten wir die nächsten Tage, immer darauf bedacht nicht so zu enden wie die Fotografen, die wir am ersten Tag beobachteten. Es war eine sehr schöne Zeit voller intimer Einblicke in die Gruppendynamik der Herde.
Für mich stellte ein Bulle, der mit lautem Schnauben seine Dominanz unterstreichen wollte den Höhepunkt dar. Wir hatten wundervolles Gegenlicht und in der Nacht war die Temperatur unter den Gefrierpunkt gesunken, sodass man den Atem des Bullen auch ohne Kamera weithin sehen konnte. Selbst seinen Geruch konnten wir eindeutig wahrnehmen.
Ein unfassbar beeindruckendes Erlebnis, welches mir noch lange in Erinnerung bleiben wird!
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