Wat`n Horst

Als ich den Storchenhorst auf der Bislicher Insel bei Xanten das erste Mal sah, zog er mich nicht sogleich in seinen Bann. Eher beiläufig blieb ich stehen. Dann aber sah ich ihn mir genauer an.Meist sind Storchenhorste, die auf einer dieser Nisthilfen entstehen, nicht unbedingt sonderlich fotogen. Nun, darauf kommt es ja aber auch nicht immer an. Dank der Arbeit all der im Naturschutz Tätigen und eben dieser an vielen Orten aufgestellten Nisthilfen hat sich der Bestand der Weißstörche in den letzten Jahren Vielerorts ganz gut entwickelt. So auch am Niederrhein, von wo der Vogel sogar ins nördliche Ruhrgebiet vordringt. Also schaute ich mir den Jungvogel auch recht erfreut an, zumal dieser Horst ganz dicht am Wanderweg zu den Beobachtungshütten auf der Bislicher Insel gelegen ist.

So steht er da in der Landschaft.
Aufgrund der geringen Distanz sind einfache Bilder von den Flugübungen des Jungstorchs auch im ersten Moment reizvoll gewesen.

Nach den ersten “Belegaufnahmen” sah ich mir die Umgebung etwas genauer an. Hohes Gras, ein Weidengebüsch und vieles mehr an Vegetation spriesste um mich herum. Mir kam der Gedanke, das alles mal zu nutzen, um aus diesem noch recht unfertigen Nest irgendwie mehr zu machen. Da ich keine Leiter dabei hatte, musste ich mich aber darauf beschränken, das Grünzeug in meine Bilder einzuarbeiten.

Hier stand der Wind einmal günstig.
Nur einmal hatte ich beide Altvögel am Horst.
Das schöne Licht und das hohe Weidengebüsch verdecken den größten Teil des Kunsthorstes, sodass der Bildbetrachter sich schon mehr auf die hübschen Bildelemente konzentrieren kann.

Insbesondere der kahle Stamm des Kunsthorstes ist keine Augenweide, und so erschien es mir naheliegend, diesen durch Einsatz des Weidenbusches etwas abzumildern. Mit einem Mal war das Bild des Anfluges eines Altvogels durchaus eine Option. Als später noch schönes Abendlicht das feine Laub durchleuchtete, hatte das kahle Gerüst für mich längst seinen gröbsten Schrecken verloren.

Immer wieder bot der Kleine Flugübungen an, um den Autofokus nicht einrosten zu lassen.
Ein Blick durch die Hecke ist am Storchenhorst gestattet. Sollte man nutzen.

Die anliegende Hecke war an den meisten Stellen einfach zu dicht belaubt, aber eine Lücke lässt sich ja immer finden. Und so verschafft ein kleiner Standortwechsel mir ein neues Bild. Mit offener Blende löste sich das Blattwerk gut auf. Jedoch gefielen mir die per se weicheren Strukturen der Weidenblätter eigentlich besser. Und so ging ich an den alten Platz zurück.

Um möglichst viele Strukturen ins Bild zu bekommen, sollte man keine zu lange Brennweite und den damit einhergehenden engen Bildausschnitt wählen.
Mal eine hellen Variante.

Mit der Zeit kam mir der Gedanke, die verschiedenen Kräuter oder gar die spärlich belaubte Wildrose auf Bildtauglichkeit zu überprüfen. Auf dem Boden sitzend konnten diese mit in das Bild integriert werden und zauberten lebhafte Strukturen in den Himmel. Natürlich ist es durchaus Milimeterarbeit, eine Lücke zu finden, durch die der im Nest stehende Jungstorch fotografiert werden kann. Zudem ist anzuraten, sich nicht allein auf den Autofokus zu verlassen, da dieser lieber auf die vielen Blätter und Halme fokussiert. Also ganz bedächtiges Arbeiten. Ein bißchen fühlte ich mich an Makrofotografie erinnert. Zumal der Wind durchaus eine nervige Rolle spielen kann, wenn er die Bildelemente ständig in Bewegung versetzt.

Man kann den Horst auch fast völlig verschwinden lassen und eine heimliche Atmosphäre erschaffen.
Am Abend boten die Wolken einen leicht surrealen Hintergrund.

Neben dem stetigen Wechsel des Kamerastandorts ist auch das Spiel mit der Belichtung gut geeignet, aus einem einzigen Motiv eine Vielzahl an mehr oder weniger unterscheidbaren Bildern zu bekommen. Wie weit man über- oder unterbelichtet, durch wie dichte Vegetation man hindurchfokussieren mag, hängt natürlich vom Geschmack des Einzelnen ab. Aber es kann sehr lohnenswert sein, all das mal zu versuchen. Findet man Gefallen an solchen Bildern, gibt es noch mehr zu fotografieren, als ohnehin schon.

Belichtet man gegen Mittag unter, kann es sein, dass man am Kameradisplay nur schwarz sieht. Nicht löschen, daheim überprüfen. Sieht da meist anders aus.

Viel Zeit hatte ich leider nicht und letztlich habe ich den Horst auch viel zu spät in diesem Jahr entdeckt. Ich hoffe sehr, dass das Paar auch in der kommenden Saison an dieser Stelle brüten wird. Sicher, ein Baumhorst wäre – im wahrsten Sinne des Wortes – natürlich schöner. Aber wenn man seine kreativen Möglichkeiten zu nutzen versucht, reicht auch so ein Horst auf einer Stange. Mir zu mindest. Aber ich bin ja auch genügsam.

 

 

Markus Botzek
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