Wildgänse

Die Wildgänse am Niederrhein besuche ich nun schon seit mehr als dreißig Jahren. Nicht in jedem Winter widme ich mich ihnen mit großer Intensität, aber ganz ohne geht es einfach nicht. Der Ruf der Vögel gehört einfach zur kalten Jahreszeit dazu. Und so gab es in den letzten Jahren auch den einen oder anderen Ausflug zu unseren arktischen Besuchern, bei denen ich die Kamera daheim gelassen habe. In den letzten beiden Wintern aber habe ich die Vögel als Motiv wieder ganz neu entdeckt.

Dabei hat mir die Einsicht geholfen, dass gut bekanntes nicht automatisch langweilig sein muss. Im Gegenteil. Man kann das Motiv ein wenig einschätzen und Bilder ein wenig planen. Vor allem aber ist mir aufgefallen, dass ich in den vergangenen Jahren, in denen ich etwas weniger oder gar nicht am Niederrhein fotografiert habe, den Gedanken in mir hatte, doch schon alles einmal fotografiert zu haben. Und das war natürlich dummes Zeug. Es gibt immer Neues. Und auch das, was man schon fotografiert hat, kann man immer optimieren.

Silhouetten klappen am Abend vor den Gewässern am besten

Entscheidend ist auch, dass ich heute den Aufenthalt draußen mehr genieße und auch wertschätze, wenn mal kein aufregendes Bild dabei rumgekommen ist. Was oft genug der Fall ist. Denn einfach so auf der Wiese grasende Blässgänse erfreuen mich auch heute noch, aber sind als Bildmotiv nicht mehr so aufregend. Und genau darin liegt aber eher ein Vorteil. Denn so kann ich mich auf ganz bestimmte Bildideen konzentrieren und werde nicht abgelenkt. Wenn man aber was ganz bestimmtes im Auge hat, ist es auch selbstverständlich, dass sowas nicht immer und auf Anhieb umgesetzt werden kann. Man hat also Zeit und Ruhe, alles um sich herum zu genießen und auf den einen Moment zu warten. Und öfter wieder her zu kommen.

Gegen Mittag wird gebadet

Denn das ist auch klar. Egal was für ein Bild man machen möchte. Man muss dazu raus. Und man muss es öfter tun. Arbeitet man aber in einer Gegend, mit einer Art und der damit fotografisch zusammenhängenden Situation, die man schon gut kennt, reduziert sich das warten auf den gewünschten Augenblick. Zusätzlich entdeckt man fortlaufend andere Aspekte, denen man sich zuwenden kann.

Nebel und anderes Wetter ändern die Situation vor Ort auf ganz natürliche Weise

Da ist schon mal das Wetter. Bin ich früher raus, sobald ein toller Sonnenaufgang vorhergesagt wurde, mache ich mich jetzt schon mal bei Regen auf den Weg. Da man am Niederrhein schon mal aus dem Auto heraus fotografiert, wird man nicht nass. Vorrausgesetzt das man ein wenig auf die Windrichtung achtet. Radfahrer, Jogger und Walker, die schon mal ein Motiv vertreiben und somit das Bild verhindern können, sind bei solchen Bedingungen etwas weniger unterwegs. Ein großer Vorteil.

Wenn man scharfe Flugbilder hat, probiert es sich leichter aus
Wenn das Licht schwindet, gibt die Natur den Bildstil praktisch selber vor

So genanntes “schlechtes Wetter” gibt es für Naturfotografen tatsächlich nicht. Durch vielleicht reduziertes Licht und damit längere Verschlusszeiten muss man sich halt nur auf einen anderen Bildtyp einlassen. Schärfe kann dann nicht das Hauptkriterium sein. Wobei man sich aber klar machen muss, dass der Grad der Unschärfe über die Bildwirkung mitentscheidet. Zumindest mir ist ein Mindestmaß an Schärfe wichtig, damit das Geschehen von Bildbetrachtern verstanden wird. Und mir auch selber noch gefällt. Es ist daher gar nicht so erstaunlich, dass man für eine brauchbare unscharfe Aufnahme ungleich mehr Auslösungen benötigt, als für eine scharfe Abbildung fliegender Blässgänse vor blauem Himmel.

Formatfüllend geht eben nicht immer

Neben dem Wetter und dem Ausnutzen des allerletzten Lichtes für vom Standard abweichende Fotos dienen mir auch ein paar Büsche. Immer wieder fliegen einzelne Vögel oder kleine Gruppen vom Wasser zu den Äsungsflächen. Oder umgekehrt. Sie dann hinter den feinen Zweigen zu erwischen, macht mir zunehmend Spaß. Das richtige Geäst zu finden, nicht zu dick und nicht zu fein, eine gute Position zum Licht auszukundschaften und die Vögel manuell auch noch ansatzweise scharf zu bekommen, kann eine sehr unterhaltsame, fordernde und zeitintensive Beschäftigung sein. Und darauf kommt es unter anderem ja auch an.

Auffliegende Nonnengänse am Abend
Markus Botzek
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