Es ist ein schrecklich schönes Schaudern was mich überfällt, als ich wieder den Ruf von der gegenüberliegen Felswand höre. Seit einigen Stunden sitze ich nun bereits im Steinbruch und warte auf den Einbruch der Nacht.

Während der Mond am dunkelblauen Nachthimmel aufgeht, höre ich immer wieder den weit entfernten Ruf des Männchens. Ein dumpfes, abfallendes „UUUhhhouu“ durchdringt das Tal. Nicht laut, eher stumpf, aber man hört es bis zu 4 Kilometer weit. Genau für diese Momente bin ich draußen um Natur zu erleben, denk ich.


Der Uhu nimmt mich seit Jahren gefangen. Ich kann nicht anders, als die mir bekannten Brutplätze jedes Jahr zu kontrollieren. An einem alten, sehr erfolgreichen Brutplatz brüten sie auch dieses Jahr wieder. Drei kräftige Junge schauen aus der Felswand herunter und rufen mit ihrem heiseren Krächzen nach Futter. Sie animieren die Mutter damit zur Futtersuche und es dauert auch nicht lange, bis das Weibchen aus ihrem Tageseinstand abstreicht und in die Nacht fliegt.



An vielen verschiedenen Orten konnte ich mittlerweile den Uhu bei mir nachweisen. Ich sah ihn an Brutplätzen, bei der Futtersuche und beim nächtlichen Ansitz auf Kahlschlagflächen im Wald. Egal wo ich ihn sah, es war immer ein faszinierender Anblick. Eine große, kräftige, schwarze Silhouette, die zwei Ohrfedern – so sieht nur ein Uhu aus.

Die Jungen sind mittlerweile schon einige Monate alt, fliegen können sie längst ausgezeichnet. Einzig bei der Landung wird manches Mal deutlich, dass dort in der Luft ein Anfänger am Werke ist. Manches Mal wird eine mickrige Bonsai-Birke für einen stabilen Ansitz gehalten, sodass sich diese bereits bei der Landung schwer beugt. Oder ein Abhang wird für einen geeigneten Landeplatz gehalten, welcher sich doch als so tückisch herausstellt, das sofort durchgestartet werden muss.

Es ist einfach ein Genuss den jungen Uhus bei ihrem Aufwachsen zuzusehen. Wer es einmal gesehen hat, diesen jugendlichen Spieltrieb, das Interesse an allem Neuen und dieses lustige rhythmische Wackeln mit dem Kopf, welches einen permanent an einen Wackel-Dackel erinnert, der wird genau wie ich, auch jedes Jahr rausgehen und wieder nach unserer größten heimischen Eulen Ausschau halten.


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wunderbare Bilder und fesselnd kommentiert.
Uli