Ein Kilometer Feldweg

Aufgewachsen bin ich im östlichen Niedersachsen in einer Gegend mit geringer Bevölkerungsdichte, die überwiegend durch intensive Landwirtschaft geprägt wird. Jedes Jahr im Frühjahr bei Besuchen in der alten Heimat schmerzt es sehen zu müssen, dass Wiesen einem Acker weichen mussten oder Hecken und Baumgruppen einfach aus der Landschaft verschwinden. Umso wichtiger ist es für mich ein paar Stellen zu kennen, an denen noch extensives Grünland oder Relikte von Mooren zu finden sind. Eben jene Orte, die nicht intensiv durch die Landwirtschaft genutzt werden. Einer dieser Rückzugsorte ist ein asphaltierter Feldweg nahe einem kleinen Dorf, das noch einen sehr ursprünglichen Charakter hat. Der Weg ist eine Sackgasse, die in den Feldern endet, wodurch die Anwohner ihm wenig Beachtung schenken und er von Spaziergängern größtenteils gemieden wird.

Seit einigen Jahren wird dort Raps angebaut. Den Schuppen und die Eichen gibt es leider schon nicht mehr. Canon EOS 7D + Canon EF 17-40mm f/4L USM
Schwarzkehlchen im gelben Blütenmeer. Canon EOS 5D III + Canon EF 500mm f/4 L IS II USM + Canon Extender EF 1.4x III

Genau hier lassen sich jedoch auf gut einem Kilometer Feldweg noch kleinere Heckenstrukturen, ein Brombeerdickicht, ausreichend Zaunpfähle, gelegentlich Blühstreifen und sogar einzelne Wildblumen finden. Es mag etwas merkwürdig klingen, aber Zaunpfähle sind durchaus erwähnenswert, da sie vielen Singvögeln als Ansitz dienen und an anderen Stellen im Eiltempo entlang der Gräben ausgerissen werden. Der Weg stellt also grundsätzlich gar nicht allzu viel bereit, aber es reicht anscheinend in der Summe aus, um immer wieder für schöne Situationen mit den typischen Tierarten der Feldlandschaft zu sorgen.

Gelegentlich trifft man im vorderen Bereich auf Rebhühner. Canon EOS 5D III + Canon EF 500mm f/4 L IS II USM + Canon Extender EF 1.4x III
Feldhasen gehören im Sommer zum gewohnten Anblick. Canon EOS 5D III + Canon EF 500mm f/4 L IS II USM + Canon Extender EF 1.4x III
Ein junger Rehbock genießt das frisch gemähte Grün. Canon EOS 5D III + Canon EF 500mm f/4 L IS II USM + Canon Extender EF 1.4x III
Auch Füchse profitieren von den gemähten Wiesen und gehen hier auf die Jagd. Canon EOS 5D III + Canon EF 500mm f/4 L IS II USM + Canon Extender EF 1.4x III
Für einige wenige Tage konnte ich dort mal ein Hermelin beobachten. Canon EOS 7D + Canon EF 500mm f/4 L IS II USM + Canon Extender EF 1.4x III

Wie es bei fast allen Stellen so ist, unterliegt auch mein Kilometer Feldweg saisonalen Schwankungen. Es gibt Zeiten in denen man mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht viel zu sehen bekommt und Zeiten in denen man unter Garantie etwas sieht. Besonders vielversprechend ist hierbei die Zeit von Mai bis August. Die Wiesenvögel sind aus den Winterquartieren zurück und die Feldvegetation beginnt vielerorts zu wachsen, wodurch sich auch Rehe und Hasen wieder vermehrt in die Fläche trauen. Bei so ziemlich jeder Fototour bei meinen Eltern wird der Weg früher oder später  angesteuert. Durch seine Ost-West-Ausrichtung hat man hier morgens direktes Gegenlicht und abends sanftes Abendlicht im Rücken, bzw. auf dem Rückweg anders herum.

Ein Sommerabend an „meinem Feldweg“. Canon EOS 5D III + Canon EF 17-40mm f/4L USM
Ein Rehbock im Gegenlicht. Canon EOS 5D III + Canon EF 500mm f/4 L IS II USM + Canon Extender EF 1.4x III
Sonnenuntergang, Regen und eine singende Goldammer habe ich in der Kombination bislang erst einmal erlebt. Canon EOS 5D III + Canon EF 500mm f/4 L IS II USM + Canon Extender EF 1.4x III
Ein Wiesenpieper singt im letzten Licht der untergehenden Sonne. Canon EOS 5D III + Canon EF 500mm f/4 L IS II USM + Canon Extender EF 1.4x III

Die Felder rechts und links vom Weg sind sehr weitreichend und sehr gut zu überblicken. Säugetiere lassen sich daher rechtzeitig erspähen und es bleibt genug Zeit, den Wagen abzustellen und sie gezielt anzupirschen. Das Gebiet ist allerdings kein optimales Revier, um Rehe, Hasen oder Füchse zu fotografieren. Sie sind dort zwar grundsätzlich unterwegs, aber häufig bleibt es einfach bei Beobachtungen aus der Ferne.

Im Herbst ist es etwas schwieriger zu fotografieren, weil die Deckung fehlt. Canon EOS 5D III + Canon EF 500mm f/4 L IS II USM + Canon Extender EF 1.4x III
Ein Seeadler auf einer alten Eiche. Auch dieser einzelnstehende Baum ist mittlerweile einfach verschwunden. Canon EOS 5D III + Canon EF 500mm f/4 L IS II USM + Canon Extender EF 1.4x III
Glücksmoment: eine Rotte Wildschweine durchquert das Gebiet an einem Herbstmorgen. Canon EOS 5D III + Canon EF 500mm f/4 L IS II USM + Canon Extender EF 1.4x III

Im Laufe der Zeit habe ich jedoch die Erfahrung gemacht, dass es sich trotzdem lohnt immer und immer wieder hinzufahren, weil sich eben doch regelmäßig gute Chancen für Fotos ergeben. Außerdem finde ich es auch spannend zu sehen was man auf engstem Raum alles entdecken kann, wenn man nur oft genug vor Ort ist.

Jan Piecha

Jan Piecha
Letzte Artikel von Jan Piecha (Alle anzeigen)

One thought on “Ein Kilometer Feldweg”

  1. Danke an Jan Piecha für diesen wunderbaren Beitrag. Ich kann die Situation nur zu gut nachfühlen. Auch in der Südheide, wo ich geboren bin und im Göttinger Umland und südniedersächsischen Eichsfeld, wo ich lebe, dominiert die Agrarsteppe.

    Umso wichtiger finde ich es, die bestehenden naturnahen Flächen unbedingt zu erhalten – und seien sie noch so klein – und wieder zu vergrößern.

    Jans Piechas Beitrag erfreut also nicht nur durch die wunderschönen Bilder, sondern hilft hoffentlich auch, Bewußtsein für den Schutz von naturnahen Flächen zu schaffen.

    Kompliment an AC-Foto auch für den gesamten Blog. Der ist toll!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.